Ja, die Diagnose "Autismus“ bzw. „Autismusspektrum“ häuft sich und Nein, nicht alles ist „Autismus“.
Die Diagnose "Autismus" wird in den letzten Jahren immer häufiger gestellt, was zu einer steigenden Sensibilisierung für das Thema geführt hat. Das ist positiv. Dennoch ist es wichtig zu betonen, dass nicht jedes Verhaltensmerkmal oder Symptom automatisch auf Autismus hindeutet.
Eine Internetrecherche listet diverse Symptome auf, wie:
- Probleme, mit anderen in Kontakt zu kommen
- Schwierigkeiten mit Blickkontakt und Gesichtsausdrücken
- Altkluge und steife Sprechweise
- Schwierigkeiten, Ironie zu verstehen
- Besondere Interessen
- Perfektionismus
Doch diese Symptome allein sind nicht aussagekräftig genug, um eine Diagnose "Autismus" zu rechtfertigen. Es gibt viele andere Ursachen, die zu ähnlichen Verhaltensweisen führen können.
Alternative Erklärungen für häufige Symptome:
Probleme mit anderen in Kontakt zu kommen: Dies kann auch aufgrund einer auditiven Verarbeitungs- und Wahrnehmungsstörung (AVWS) auftreten, weil die Kommunikation beeinträchtigt ist.
Probleme mit Blickkontakt und Gesichtsausdrücken: Diese Schwierigkeiten können auftreten, weil die visuelle Wahrnehmung nicht gut funktioniert - Stichwort: Scharfsehen oder binokulares Sehen. Auch Blockaden in der Halswirbelsäule (KISS = kopfinduzierte Symmetriestörung) können Ursache für solche Auffälligkeiten sein. Frühkindliche persistierende Restreaktionen sind da der Auslöser. Kopf heben fällt schwer.
Altkluge und steife Sprechweise: Eine solche Sprechweise kann mit hoher Intelligenz zusammenhängen. Außerdem könnte es durch das Sprachverhalten der Eltern, Verwandten oder Bekannten beeinflusst sein.
Schwierigkeiten, Ironie zu verstehen: Ironie verstehen Kinder ohnehin frühestens ab 6 Jahren, richtig erst ab 8. Manche Menschen haben Schwierigkeiten, sich Bilder im Kopf vorzustellen, was dazu führt, dass sie real Existierendes nicht von Fiktivem unterscheiden können und alles wörtlich nehmen.
Besondere Interessen: Jeder Mensch kann besondere Interessen haben. Hinter Spezialwissen versteckt sich oft Hochbegabung.
Perfektionismus: Geschwächter Selbstwert und Unssicherheit werden oft durch perfektionistisches Verhalten kompensiert. Ein unreifer Schreckreflex wird durch Ordnung und Rituale besser beherrscht.
Weil die Diagnose "Autismusspektrum" häufiger wird und mehr Aufmerksamkeit erhält, ist es entscheidend, nicht jedes einzelne Symptom gleich als Anzeichen für Autismus zu interpretieren. Eine genaue und umfassende Diagnostik ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass die richtige Unterstützung und Förderung bereitgestellt werden kann.
Es müssen eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt werden. Eine zu schnelle oder ungenaue Diagnose kann zu Fehldiagnosen führen und den Betroffenen und ihren Familien unnötige Sorgen bereiten.
Statt sich allein auf "Autismusspektrum" zu fokussieren, sollten Eltern und LehrerInnen eine ganzheitliche Betrachtung vorziehen und professionelle Unterstützung suchen, um das Verhalten und die Bedürfnisse des Kindes besser zu verstehen. Nur dann kann professionell geholfen werden.