Immer öfter kommen Eltern in meine Praxis und klagen:
- Mein Kind rechnet immer noch mit den Fingern.
- Mein Kind merkt sich das Einmaleins nicht.
- Maßumwandlungen sind ein spanisches Dorf.
- Textaufgaben werden nicht verstanden.
- Das Lesen der analogen Uhr ist Rätselraten.
- Die Lehrerin / der Lehrer beklagt, dass das Kind beim Rechnen so langsam ist.
Die Ursachen dieser Symptome müssen sorgfältig abgeklärt werden. Selten liegt es an zu wenig Übung. Im Gegenteil: Üben kann die Symptomatik verschlechtern. Das kommt daher, dass unter Umständen ungünstige Rechenstrategien eingeschliffen werden.
So wie das Rechtschreiben Entwicklungsstufen durchläuft, gibt es auch auf dem Weg zum mathematischen Können aufeinander aufbauende Fähigkeiten. Kommt ein Kind in die Schule, so ist es legitim, wenn es anfangs mit Hilfe der Finger rechnet. Allmählich sollte sich eine Mengenvorstellung entwickeln. Auf dem Weg dorthin wird das Kind beim Rechnen nicht die Finger einzeln hoch- oder wegklappen, sondern Mengen bis 10 auf einmal zeigen können. Eine Mengenvorstellung unabhängig vom sichtbaren Fingerbild sollte der nächste Schritt sein.
Mathematik beruht auf mehreren Systemen. Die beiden wichtigsten sind:
… das Ordinalsystem:
Dies bedeutet, dass Zahlen eine bestimmte Ordnung haben. Der Zahlenstrahl ist das Bild dazu.
… das Kardinalsystem:
Jede Zahl steht für eine bestimmte Menge, die summiert, subtrahiert oder sonstwie manipuliert werden kann. „kardinal“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet „wichtig“.
Solange Kinder ausschließlich im Ordinalsystem unterwegs sind und keine Mengenvorstellung besitzen, kann es zu Schwierigkeiten im Rechenerwerb kommen.
Das muss in einer Diagnostik sorgfältig berücksichtigt werden.